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Hansi Flick: "Das war ein Rückschritt"

Thomas Klein Budapest
12. Juni 2022

Die Enttäuschung bei Hansi Flick und dem DFB-Team sitzt nach dem Unentschieden in der Nations League in Ungarn tief. Die Probleme sind offensichtlich, die Kritik daher deutlich. Gegen Italien muss sich vieles ändern.

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Bundestrainer Hansi Flick schaut am Rande des Spiels Ungarn gegen Deutschland ernst
Kann mit dem Verlauf des Spiels nicht zufrieden sein: Bundestrainer Hansi FlickBild: Marvin Ibo Güngör/GES/picture alliance

Noch Minuten nach dem Schlusspfiff ließ sich die ungarische Nationalmannschaft von den Fans in der Puskas Arena feiern. Die Spieler sangen, tanzten und bedankten sich mit einer Ehrenrunde für die Unterstützung während des Spiels gegen Deutschland. Für die Gastgeber war das 1:1-Unentschieden gegen den Weltmeister von 2014 ein gefühlter Sieg. Und während die einen den Abend in Budapest genossen, stand den Verantwortlichen beim DFB die Ernüchterung ins Gesicht geschrieben. Viele Spieler ließen sich erschöpft und enttäuscht auf den Boden fallen, andere suchten den direkten Weg in die Kabine.

Gegen Ungarn sollte endlich der erste Sieg in der laufenden UEFA Nations League her. Doch nach 95 Minuten musste Bundestrainer Hansi Flick feststellen, dass es wieder nicht gereicht hat - es war das vierte 1:1 in Folge. Doch dieses Mal fühlte es sich anders an, als die Punkteteilungen gegen Italienund England.

"Wenn der Torwart herausragend gespielt hat, dann stimmt meistens im Spiel etwas nicht. Manu ist ein absoluter Weltklassetorhüter und er hat uns heute diesen Punkt in Budapest gerettet", sagte Flick auf der Pressekonferenz nach dem Spiel und ergänzte: "Mir hat bei der ganzen Mannschaft heute die Überzeugung gefehlt."

Oliver Bierhoff zählt Leroy Sané an

Der Bundestrainer kritisierte und machte deutlich, dass er unzufrieden und vielleicht auch ein bisschen überrascht von der Leistung seiner Mannschaft war. Überrascht, weil die DFB-Elf nach dem guten Auftritt gegen England in der Entwicklung eigentlich schon einen Schritt weiter zu sein schien. Doch die Zahlen des Ungarn-Spiels sagen etwas anderes. Die DFB-Elf schoss genau einmal auf das gegnerische Tor, während die Gastgeber fünf Versuche zu verzeichnen hatte. Und ohne einen in Topform spielenden Manuel Neuer hätte das Ergebnis sicher anders ausgesehen.

Enttäuschte deutsche Spieler nach dem Abpfiff des Spiels Ungarn gegen Deutschland
Lange Gesichter bei den deutschen Spielern - das Spiel in Ungarn lief nicht nach WunschBild: Matthias Koch/IMAGO

Zudem war das Flick-Team auffallend unkreativ durchsetzungsschwach im Spielaufbau. 

Weder Leon Goretzka, Joshua Kimmich oder auch der junge Jamal Musiala konnten entscheidende Akzente in der Offensive setzen. "Wir haben einfach zu wenig Torchancen. Die richtigen Abschlüsse sind momentan nicht zu sehen. Daran müssen wir arbeiten", so Flick.

Gar nicht mitarbeiten durfte an diesem Abend Leroy Sané, der sich seit Wochen in einem Leistungsloch befindet. Es sei keine leichte Situation für den Offensivspieler, der auch bei den Bayern im vergangenen Jahr selten überzeugt hatte, sagte DFB-Sportdirektor Oliver Bierhoff. "Wir helfen ihm, aber er muss sich natürlich auch selber helfen."

Flick: "Das war ein Rückschritt"

Und was ist eigentlich mit Timo Werner los? Zu einer persönlichen Kritik an dem erneut schwach spielenden Stürmer, der mehr Zeit mit falschen Laufwegen oder im Abseits verbrachte, ließ sich der Bundestrainer nicht hinreißen, stattdessen nahm er den 26-Jährigen sogar etwas in Schutz: "Es ist schon so, dass er einen großen Aufwand hat und versucht, den Gegner unter Druck zu setzen", so Flick.

Kai Havertz gestikuliert während des Spiels Ungarn gegen Deutschland
Großes Talent, aber in der Nationalelf zuletzt nicht konstant: Kai Havertz vom FC ChelseaBild: Michael Bermel/EIBNER/picture alliance

Es gibt viele Baustellen im DFB-Team, denn hinzu kommt auch noch Kai Havertz, der zwar bei Chelsea eine überragende Saison hinter sich hat, aber in der Nationalmannschaft weiter nach Konstanz sucht. "Es ist so, dass wir uns wesentlich mehr vorgestellt haben. Ich habe der Mannschaft aber auch im September, als wir angefangen haben, gesagt, dass es kein einfacher Weg wird und dass es auch mal Rückschläge geben wird."

Das Spiel gegen Ungarn war Flicks elftes Spiel als Bundestrainer. Bei den vorangegangenen Duellen hatte der 57-Jährige sein Team noch auf dem richtigen Weg gewähnt, doch das war an diesem Abend in der ungarischen Hauptstadt anders. "Vom Ergebnis her und auch von der Art und Weise wie wir das Spiel angegangen sind, war es ein Rückschritt."

Flick fordert Sieg gegen Italien

Während sich Flick nach der Pressekonferenz der Spiel-Analyse widmete, wurde in den Straßen rund um die Puskas Arena noch gefeiert. Die kleinen Bars und Restaurants waren gut gefüllt. Und während die Kehrwagen die letzten Straßen und Gehwege von Müll und leeren Getränkeflaschen befreite, hallten immer wieder kurze "Magyarország, Magyarország"-Rufe durch die Straßenzüge der ungarischen Hauptstadt.

Die Nacht der DFB-Stars dürfte hingegen etwas ruhiger gewesen sein. "Ich bin immer noch enttäuscht nach dem 1:1 in Ungarn", twitterte Thomas Müller am Sonntag. Der ganze Fokus liege jetzt auf dem Spiel am Dienstag, so der 115-fache Nationalspieler. Im letzten Nations-League-Spiel vor der Sommerpause muss die DFB-Elf nun gegen Italien ran. Es ist zudem eines der letzten Spiele vor der WM in Katar, die im November startet. Nicht mehr allzu viel Zeit für die Nationalmannschaft, um den Rückschritt gegen Ungarn zu verarbeiten und die Entwicklung wieder in die richtige Richtung zu drehen. Was in Budapest nicht gelang, soll nun im Klassiker gegen Italien klappen. "Wir wollen uns mit einem Dreier in den Urlaub verabschieden", forderte Flick, wohlwissend welche positiven Auswirkungen das auf die Stimmung seiner Mannschaft haben dürfte - und das ist auch bitternötig.